Nachdem die RHEINISCHE POST mit dem Gig in Ratingen letzte Woche den letzten Auftritt von Chronicle angekündigt hatte, und Fans auf Emailanfragen nur ausweichende Antworten erhalten hatten, wollten wir es nun genau wissen. Anthony Konietzny sprach mit Chronicle Sänger Mike Zimmermann über die Zukunft der Band.
Mike, ihr seid eine der ersten Oldiebands Deutschlands. Seit rund einem Jahr kursieren nun die Auflösungsgerüchte. Was ist dran, dass Chronicle sich auflöst – oder sogar schon aufgelöst hat?
Im Prinzip hat sich die Band aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen.
Klingt schön. Und heißt?
Chronicle wird in Zukunft nur noch wenige, sorgfältig ausgesuchte Auftritte absolvieren.
Und welches sind die Auswahlkriterien? Vermutlich sind sie doch finanzieller Natur?
Nein, eigentlich gar nicht. Es geht darum, dass uns Musikern der Auftritt richtg Spaß machen muss, und das hängt von der Location aber noch mehr vom Publikum ab.
Hat sich das Publikum denn während der letzten Jahre verändert?
In weiten Teilen ja, das lässt sich so sagen.
Und wodurch macht sich das bemerkbar?
Nun, die Zeiten haben sich geändert. Nichts bleibt wie es war. In den ersten 12 – 15 Jahren (*von 21 – die Red.) kam es den Leuten vor allem auf die Musik an, so wie uns auch noch heute. Wir sind Vollblutmusiker, und das wurde lange Zeit durch das Publikum gewürdigt und bedient. Aber heutzutage steht bei vielen Veranstaltungen „Party machen um jeden Preis“ im Vordergrund, die Qualität der Musik ist nebensächlich geworden. Abfeiern und Vollsaufen sind angesagt. Da kann dir als Musiker durchaus passieren, dass dir das Publikum den Rücken zudreht, sich betrinkt und gegenseitig zulabert – solche Begleiterscheinungen haben wir Gott sei Dank aber nicht nötig und es macht uns auch wirklich keinen Spaß, unter solchen Umständen zu spielen.
Hat sich auch das Gagenniveau verändert?
Die Veranstalter sparen wo sie können und drücken die Gagen. Billig geht meist vor Qualität. Angeblich rechnen sich die Veranstaltungen sonst nicht, aber der wahre Grund ist natürlich der, dass die Veranstalter mehr für sich haben wollen.
Woher weisst du das?
Ich bin über 40 Jahre im Musikgeschäft.
Versteht ihr euch als Musiker oder als Dienstleister?
Als beides – aber ganz bestimmt sind wir keine Musikbox zur Hintergrundberieselung.
Wenn wir Musik machen erwarten wir zurecht, dass man uns zuschaut dabei oder tanzt, andernfalls tut`s doch auch eine Jukebox.
Und wie wichtig ist nun der finanzielle Aspekt bei Chronicle Gigs?
Wir haben alle – und zwar im wahrsten Sinne – unsere Häuser im Grünen, wenn du das meinst.
Also bestünde von daher keine Notwendigkeit, weiter Musik zu machen?
Bestimmt nicht – aber davon abgesehen machen wir natürlich nach wie vor Musik.
Das heißt, Chronicle macht weiter?
Nun, jeder von uns hat mittlerweile sein eigenes Projekt – fast alle von uns engagieren sich mittlerweile in anderen Bands oder haben selber welche gegründet.
Ok. Wenn ich nun als Veranstalter gern Chronicle buchen möchte, wie groß ist meine Chance euch auch zu bekommen?
Das ist gar kein Problem. Anruf oder Email – wie bisher auch. Wir schauen uns das Konzept im Hinblick auf das zu erwartende Event an und sagen dann zu oder ab. So einfach ist das.
Also hat sich Chronicle nicht aufgelöst?
Du bist aber hartnäckig! Chronicle denkt daran, zukünftig zwei bis drei schöne Gigs im Jahr zu machen, sofern sich diese ergeben sollten. Aber wir machen lieber einen guten als drei mittelmäßige. Jetzt klar?
Mike, vielen Dank für das Gespräch.